LOTTE LASERSTEIN: Verschollen geglaubtes Gemälde erstmals in Deutschland zu sehen
Pressemitteilung vom
Salongalerie „Die Möwe” würdigt MalerInnen und Bildhauerinnen der Avantgarde und der Nachkriegszeit.
Mit dem verschollen geglaubten Gemälde „Madeleine vor dem Spiegel“ von Lotte Laserstein begrüßt die Berliner Salongalerie „Die Möwe“ am Stand F19 in Halle 4 die Besucherinnen und Besucher der diesjährigen art KARLSRUHE. Das großformatige Werk aus schwedischem Privatbesitz wird erstmals in Deutschland öffentlich präsentiert. Damit verweist „Die Möwe“ zugleich auf die thematischen Schwerpunkte ihres Messeauftritts: die weibliche Seite der Kunst und die Wiederentdeckung von Künstlerinnen der Klassischen Moderne. Eine Vielzahl stilistisch unterschiedlicher Werke von MalerInnen und Bildhauerinnen lenken den Blick auf die Avantgarde der Weimarer Republik und die Kunst nach 1945.
Die Künstlerinnen Lotte Laserstein, Katja Meirowsky, Margarete Kubicka, Marg Moll und Louise Stomps reihten sich mit ihrem Schaffen – wie auch mit ihrem Kampf um Gleichberechtigung – in den 1920er und frühen 30er Jahren in den erfolgreichen Aufbruch der Frauen in der Kunst ein. Dieser Emanzipationsprozess und die vielversprechenden Karrieren brachen nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten jäh ab. Exil, innere Emigration oder politischer Widerstand im Untergrund bestimmten von nun an den Lebensweg der Künstlerinnen, bevor sie sich nach 1945 in neu gewonnener Freiheit wieder ihrer Kunst widmen konnten. Vergleichbare Schicksale erfuhren der Bauhäusler Fritz Kuhr und Gottfried Graf, der Mitglied der avantgardistischen Kunstszene um Adolf Hölzel war. Deren Werke wie auch Arbeiten des Malers Erich Franke ergänzen die Messepräsentation. Heute zählen diese Künstlerinnen und Künstler zu den jüngsten Wiederentdeckungen.
Nähere Informationen zu den KünstlerInnen am Messestand:
LOTTE LASERSTEIN (1898-1993) emigrierte 1937 nach Schweden, wo sie in den 1940er Jahren „Madeleine vor dem Spiegel“ malte. Der Halbakt zeigt Margarete Jaraczewsky, genannt Madeleine, Lasersteins wichtigstes Modell im Exil. Das Bild erinnert in seiner Anlage an das Gemälde „Vor dem Spiegel“ aus dem Jahr 1930/31, für das Lasersteins Berliner Freundin und enge Vertraute Traute Rose Modell saß. Die Kunsthistorikerin und Laserstein-Expertin Dr. Anna-Carola Krausse gibt in ihrer Expertise zu „Madeleine vor dem Spiegel“ folgende Einschätzung: „Ganz offensichtlich hat Laserstein die Arbeit selbst sehr geschätzt. In ihrem Nachlass, der Ende der 1990er Jahre in Privatbesitz gesichtet werden konnte, befand sich ein professionelles Werkfoto des Gemäldes. Derartige Aufnahmen ließ die Malerin regelmäßig von ihr bedeutendend erscheinenden Gemälden und Zeichnungen anfertigen.“
MARGARETE KUBICKA (1891-1984), eine Vertreterin des expressiven Kubismus, verstand ihre künstlerische Arbeit immer auch als politisches Wirken. So war sie gemeinsam mit ihrem deutsch-polnischen Ehemann, dem Maler Stanislaw Kubicki, 1918 Mitbegründerin der polnischen Expressionistengruppe BUNT (dt. Revolte) und veröffentlichte in Pfemferts Zeitschrift „Aktion“ Druckgrafiken und Gedichte. 1922 organisierte das Künstlerehepaar in Berlin die „Internationale Ausstellung revolutionärer Künstler“ mit. Nach 1933 beteiligte sich Margarete Kubicka aktiv am Kampf gegen das NS-Regime. Nach dem Krieg fand sie in ihrem künstlerischen Schaffen zu einer neuen Formensprache. Ihre farblich bestechenden Aquarellserien erzählen – häufig mit allegorischen und mythologischen Rückgriffen – von der erlebten Menschheitskrise. Hierfür stehen die großformatigen Bilder aus den Serien „Der Mensch erobert die Erde“ und „Vergangene, umstrittene, werdende Religionen“.
KATJA MEIROWSKY (1920-2012) floh 1942 nach Polen. 1945 kehrte sie nach Berlin zurück und gehörte bald zum Künstlerkreis um die Galerie Rosen und die Galerie Bremer, die avantgardistische Kunst des 20. Jahrhunderts ausstellten. Zusammen mit Alexander Camaro, ihrem späteren Ehemann Carl Meirowsky, Jeanne Mammen, Werner Heldt und weiteren Künstlern zählte sie 1949 zu den Gründungsmitgliedern des legendären Kabaretts „Die Badewanne“. Ab 1953 lebte die Künstlerin auf Ibiza. Meirowskys Malerkollege und Freund Werner Heldt betonte 1951 ihre besondere Stellung unter den malenden und zeichnenden Frauen in Deutschland. Er hob dabei die herausragenden Kompositionen ihrer Bilder sowie deren besonderes Kolorit hervor und nannte das Traumelement „eine der stärksten Seiten“ der Künstlerin. Auf die Verbundenheit beider Künstlerfreunde verweist „Das große Atelier“ aus dem Jahr 1949.
LOUISE STOMPS (1900-1988) gilt als frühe Vertreterin der organischen Abstraktion. Als Schülerin von Milly Steger in Berlin gehörte sie zur ersten Generation freischaffender Bildhauerinnen. In Auseinandersetzung mit der Dynamik des Materials und den Spuren der Natur gestaltete Louise Stomps figürliche wie auch abstrahierte Skulpturen, die in ihrer radikalen Formvereinfachung und Formverschmelzung konzentrierte Intensität ausstrahlen. Zwischen 1933 und 1945 entschied sich die Künstlerin für die innere Emigration. Trotz eigner entbehrungsreicher Lebensbedingungen gab sie vom NS-Regime Verfolgten Unterkunft. Nach 1945 beteiligte sich die Trägerin des Kunstpreises der Stadt Berlin wieder an Ausstellungen. Im vergangenen Jahr würdigte das Verborgene Museum in der Berlinischen Galerie ihr Gesamtwerk in einer repräsentativen Ausstellung.
MARG MOLL (1884-1977) verkörpert wie nur wenige deutsche Bildhauerinnen des 20. Jahrhunderts europäische Identität. Als Pionierin der abstrakten Skulptur fand sie in der Weimarer Republik und nach 1945 große Anerkennung. Ihr künstlerisches Thema war vor allem der menschliche Körper, den sie in kubistisch anmutender Formensprache mit feiner Rhythmik modulierte. Nach dem Berliner Skulpturenfund von 2010, durch den auch ihre Plastik „Die Tänzerin“ wiederentdeckt wurde, kam ihr Name verstärkt ins Gespräch. „Die Möwe“ zeigt auf der art Karlsruhe die großformatigen Bronzen „Aurora“ und „Kniende“.
FRITZ KUHR (1899-1975) studierte am Bauhaus in Weimar, wo er von seinem Lehrer Paul Klee nachhaltig geprägt wurde. 1925 folgte er der renommierten Kunstschule nach Dessau. Hier wurden das Atelier und die Wohnung von Klee nach Kuhrs Entwürfen ausgestaltet. Ab 1929 unterrichtete der Künstler auch am Bauhaus. Aus jenem Jahr stammt „Vibration“, eine Arbeit in Öl und Gouache, die auf dem Messestand zu sehen ist. Ernö Kállai, Schriftleiter der Zeitschrift bauhaus, sah 1930 in den Bildern von Fritz Kuhr „das abstrakte Vokabular zur persönlichen Eigenart entwickelt.“ Organische und geometrische Formen bewegen sich in Kuhrs Bildern zwischen Figuration und Abstraktion, oft in Verbindung mit einer kräftigen Farbigkeit.
ERICH FRANKE (1911-2008) studierte u.a. in Karlsruhe bei Karl Hubbuch und Otto Laible. Schon früh entstanden unter dem Einfluss der Kunstströmungen der 1920er und 30er Jahre abstrakte Werke in Gouache oder als Collagen aus Papier und Leder. Musik und Theater beeinflussten seine bildnerischen Arbeiten zusätzlich und gaben ihnen räumliche Tiefe und tänzerische Dynamik. Nach 1945 bezog der Künstler Alltagsmaterialien in seine Bilder ein, sodass vielschichtige, oft dreidimensionale Werke entstanden. Auch das politische Weltgeschehen gab ihm wesentliche Impulse: 1972 reiste der Maler nach Zypern, wo er die Teilung der Insel miterlebte. Seine Eindrücke verarbeitete er in einem Zyklus von Zypern-Bildern, aus dem die Paracollage „Famagusta“ in der Präsentation zu sehen ist.
Pressekontakt: Claudia Wall und Helena Feuerbach, Tel.: 030 30881842, mail@salongalerie-die-moewe.de